Ein Fluss mit Geschichte – die Sarine
„Petri-Heil“ hat Marc Petitjean zum Fliegenfischen auf Äschen an die Saane/Sarine begleitet. Über diesen Fluss an der Sprachgrenze gibt es viel zu erzählen; Interessantes und trauriges…
Zum Auftakt sitze ich bei Marc Petitjean mittags am Küchentisch in Fribourg bei Gulasch und einem Glas Rotwein. Ein Empfang à la Welschland sympa, n’est ce pas? «Bis in die 1930er Jahre kamen die Engländer zum Äschenfischen an die Sarine ins Freiburgerland. Heute sitzt dem Flüsschen das Messer am Hals.» Mit diesen Worten umschreibt Marc Petitjean den früher international bekannten Fluss. Er fischt seit über 20 Jahren an der Sarine und kennt deren jüngste Geschichte aus eigener Erfahrung. «Die Sarine ist wie ein Wanderer mit fünf 10 Kilo Steinen im Rucksack. Sie kann kaum noch stehen», erklärt Marc. «Jeder Stein für sich alleine wäre kein Problem. Alle zusammen sind jedoch zu viel. Wenn wir es schaffen, mindestens die drei wichtigsten Steine aus dem Rucksack zu nehmen, wird es dem Fluss wieder viel besser gehen. Und damit auch den Äschen.» Jedes Jahr werden nur noch einige hundert Äschen in der Sarine gefangen.
Der Damm
1948 wurde der Staudamm des Greyerzersees gebaut. Damit wurde viel Lebensraum für die Sarine Äschen zerstört. Unterhalb des Damms fliesst nur wenig Wasser in die Sarine, das meiste Wasser wird in einer Röhre der Turbine rund 10 Kilometer flussabwärts zugeführt und gelangt erst dort in den Fluss zurück. Weil das Geschiebe im See gefangen bleibt, fehlt es dem Fluss. Wir fahren am Greyerzersee entlang zur Sarine bei Broc hoch eine gute Stelle zum Fliegenfischen auf Äschen. Die Sarine fliesst hier in einem vergleichsweise naturnahen Bett. Tiefere Stellen wechseln sich mit flachen Rieselstrecken ab. Kiesbänke säumen oft das Ufer. Allerdings ist diese Strecke ebenfalls durch das Kraftwerk beeinträchtigt. Täglich gibt es bis zu zweimal künstliches Hochwasser so auch heute. An der Wasseroberfläche ist keine Aktivität durch fressende Fische auszumachen. «Schlechte Aussichten für die Trockenfliege», meint Petitjean. Immerhin geht das Wasser bereits wieder zurück. Wir fahren noch ein Stück flussaufwärts. Knapp über dem Wasser fliegende Bachstelzen schnappen nach Insekten, zaghafte Ringe verraten einzelne aktive Fische. Vier Gänsesäger holen sich im flachen Wasser ihr Nachtessen. « Schon wieder so ein 10 Kilo Stein», murmelt Marc und zeigt auf die flinken Vögel. Wir beschliessen unser Glück zu versuchen und steigen zum Fluss runter. Das Wasser ist immer noch ziemlich angetrübt. Marc knüpft seine «MP 12» ans Vorfach und bringt sie mit raschen Schwüngen aufs Wasser. Kaum gelandet, wird sie von einem Fisch geschnappt. Eine handlange Forelle wird sorgfältig zurückgesetzt. Auch die nächsten Ringe entpuppen sich als kleine Bachforellen. Ein wenig weiter oben steigt ein Fisch dicht neben einem ins Wasser ragenden Ast. Neben mir setzt sich eine grössere Eintagesfliege auf die Wasseroberfläche und vertraut ihre Eier den Wassermassen an. Ich wünsch ihnen viel Glück und richte meine Linse wieder auf «Monsieur CDC».
Schwierige Zeiten
Marc präsentiert nun eine kleinere dunkle Entenhechelfliege. Der Fisch nimmt schliesslich eine grössere helle Fliege. Doch der Anhieb geht ins Leere. Die Äschenfischerei ist schwierig unter diesen Bedingungen.
Schon patrouillieren die Fledermäuse am Flussufer; es bleiben noch wenige Minuten zum Fischen. Marc meint, dass es ihm schon oft so gegangen sei: «Zwei Stunden nichts und in zehn verrückten Minuten gleich an mehreren Stellen steigende Äschen und Bisse.» Aber nicht heute. Tant pis. «Diese Äschen sind so wertvoll, wir Fischer müssen sie schonen, obwohl wir nicht für die Misere verantwortlich sind», bilanziert Marc.
Das Flussbett beispielsweise sei wegen des Schwallbetriebs verstopft und biete Insektenlarven viel zu wenig Lebensraum. Damit fehle den Fischen das Futter. Auch die Landwirtschaft respektiere den Fluss zu wenig und nutze das Land bis an den Fluss. Dadurch geraten Dünger und Pestizide direkt ins Wasser. Auf dem Rückweg frage ich ihn, wieso er denn nicht mit der Nymphe geangelt habe. «Ich liebe das Fliegenfischen mit der Trockenfliege über alles und fordere mein Glück heraus, solange ich steigende Fische ausmachen kann. Sehe ich eine Etage tiefer fressende Fische, knüpfe ich selbstverständlich eine Nymphe an und fische dead drift», entgegnet Marc. Wichtig sei, dass man nicht gleich aufgebe, wenn der Fisch die Nymphe nicht beachte. Äschen seien nicht so schreckhaft wie Forellen. « Geduld bringt oft einen Biss. Und häufig bringt ein Nymphenwechsel Erfolg. Manchmal ist auch eine veränderte Präsentationstechnik der Schlüssel zum Fisch. Lass die Nymphe vor dem Fisch leicht ansteigen, das bringt manchen Fisch zum Zuschnappen.»
Ein interessanter Satz von Marc kommt mir beim Schreiben wieder in den Sinn. «Eigentlich ist der beste Fisch derjenige, der sich nicht fangen lässt.» Ich habe einiges gelernt an diesem Nachmittag und werde die Sarine-Äschen diesen Herbst nochmals besuchen mit der Fliegenrute und einigen CDC Fliegen in der Dose. Die Entschuldigung für den allfälligen Schneider hätt ich ja bereits. Merci pour tout, Monsieur CDC!